Modernes Verpackungsdesign denkt an die Zukunft
Circular Design erobert den Markt
Begrenzt verfügbare Rohstoffe, Müllberge und Klimaveränderungen: Wenn wir mit solchen Bildern in Zukunft nicht mehr leben wollen, müssen wir viele Bereiche des Lebens völlig neu denken. Dabei kommt dem Produktdesign eine wesentliche Bedeutung zu. Die ideale Verpackung geht heute weit über Design Thinking hinaus, bei dem ich als Designer zuallererst den Nutzen des Produktes im Sinn habe: Konsumenten sollen sich daran erfreuen, es soll ihre Arbeit oder ihren Alltag erleichtern. Was aber bleibt von der Verpackung, wenn der Produktnutzen nicht mehr gegeben ist?
Mit dieser Frage beschäftigt sich Circular Design und setzt damit, vereinfacht gesagt, dort an, wo Design Thinking aufhört. Circular Design stellt Nachhaltigkeit in den Fokus. Wir denken jedes Produkt auch über den eigentlichen Nutzen hinaus und betrachten alle verwendeten Materialien als Wertstoffe, die möglichst lange Teil der Kreislaufwirtschaft bleiben sollen.
Dieser Ansatz ist vor allem im Lebensmittelhandel ein Trend und die Branche setzt damit wichtige Maßstäbe auch für andere Bereiche. Ich sehe diese Entwicklung sehr positiv, warne aber davor, sich mit allzu einfachen Antworten zufrieden zu geben. Circular Design ist ein wichtiger Prozess, dem eine genaue Analysephase voraus geht. Was für Produkt A gilt, gilt noch lange nicht automatisch für Produkt B. Wir müssen den Einsatz der Wertstoffe für jedes Produkt einzeln kritisch hinterfragen: Wie kann ich das Produkt weiterhin gut schützen und den Konsumenten wichtige Informationen vermitteln, aber es gleichzeitig nachhaltiger gestalten? Eine Lösung kann zum Beispiel sein, die Verpackung zu reduzieren oder Polymaterialien durch vollständig recyclebare Monomaterialien zu ersetzen.
Ich verdeutliche das sehr komplexe Thema des Wertstoffeinsatzes gerne mit dem Beispiel der Zahnpasta: Braucht die Tube einen Karton? Auf den ersten Blick drängt sich tatsächlich die Frage der Sinnhaftigkeit auf. Den Karton wegzulassen, hieße aber, dass die Tube keinen physikalischen Schutz mehr von außen hätte und anderen mechanischen Belastungen trotzen müsste. Das wäre meistens nur durch einen höheren Einsatz von Plastik möglich.
Je deutlicher wir machen, um welche Wertstoffe es sich handelt, und je einfacher sie diese trennen können, umso eher werden sie diese den entsprechenden Wertstoffketten zuführen.
Wobei man Kunststoff nicht generell verteufeln sollte. Wenn ich Plastik reduzieren will, brauche ich eine gleichwertige Alternative und diese ist nicht immer vorhanden. Oder sie würde den Preis in die Höhe treiben und Kunden wären nicht mehr bereit, das Produkt zu kaufen. Auch können sich Alternativen als wenig nachhaltig erweisen. Glas etwa ist schwer und weist beim Transport keine gute CO2-Bilanz auf. Auch Papier ist nicht nachhaltiger, wenn es nur einmal verwendet wird. An neuen Verpackungsmaterialien wird seit einigen Jahren intensiv geforscht, zum Beispiel an Monokunststoffen (PET), die mit einer dünnen Siliciumoxid-Schicht bedampft werden, dadurch leicht sind und schützen. Können die Schichten im Recyclingprozess gut voneinander getrennt werden, wäre das sicher eine von vielen tollen Alternativen in der Zukunft!
Gleichzeitig muss sich das Konsumverhalten radikal ändern, wir müssen weg vom Konzept des „Single use“. Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, die Konsumenten mit ins Boot zu holen, auch an ihre Verantwortung zu appellieren und sie beim Handeln zu unterstützen. Denn sie entscheiden letztendlich, ob aus meinem Material Abfall wird oder es ein Wertstoff bleibt. Je deutlicher wir machen, um welche Wertstoffe es sich handelt, und je einfacher sie diese trennen können, umso eher werden sie diese den entsprechenden Wertstoffketten zuführen.
– Tom Maderthaner